Gegenstandslos

Das hier aufzurufende, offizielle Schreiben der KVB wird in den nächsten Tagen an die Empfänger des im vorangegangenen Blogeintrag vorgestellten “Einladungsschreibens zur Teilnahme am Beruf(ung)sabschuss” herausgehen. Bitte vorab schon an alle die weitergeben, die mit dem Gedanken spielten sich vergemächtigen zu lassen.

Manchmal müssen allerdings auch Taten Folgen. Wir erwarten das Ergebnis des Schiedsverfahrens mit zunehmender Sorge. Im schlimsten Fall werden wir dieses Mal nicht mehr nur minimal invasiv Intervenieren müssen.

Störung der Totenstille

Ja da stört doch einer die sonst allseits geachtete Totenstille just vor der Verhandlung des Schiedsgerichts! Mensch KVB, was habt Ihr Euch denn dabei gedacht? Was heißt da “was gedacht”, besser formuliert: Habt Ihr überhaupt gedacht?

Wir hatten uns bei einer Konferenz der Fachexperten am 21.2. in München mit komplett anwesender KVB-Spitze (samt Begleitmannschaft) zusammen mit dem Landesbeauftragten der ÄLRDs einstimmig auf folgendes Statement geeinigt: “Aufgrund des Urteils des Bay. Landessozialgerichts kommt es zu großen Problemen bei der Sicherstellung des Notarztdienstes. Statt der bisherigen, unkompliziert ausgesprochenen Berechtigungen zur Teilnahme am Notarztdienst ist nach geltender Rechtsauffassung in Zukunft auch für Notärzte eine formale Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss erforderlich. In letzter Konsequenz führt dies nicht nur zu einem hohen, zögerlichen und kostenintensiven administrativen Aufwand, sondern bedroht insbesondere die Notarztversorgung im ländlichen Bereich. Trotz intensiver Diskussion zwi¬schen KVB, Fachjuristen und Fachexperten Notarztdienst, in die auch der Landesbeauftragte der ÄLRDs Bayern eingebunden war, konnten die Beteiligten keine geeignete Lösung des vorgenannten Problems erarbeiten. Aktuell ist selbst bei höchster Kompromissbereitschaft kein Weg erkennbar, der unter Beachtung der juristischen Vorgaben geeignet erscheint, zukünftig die Teilnahme am Notarztdienst in einer praxisnahen Regelung umzusetzen”.

Das ist klar verständlich, das ist eindeutig und das ist der Stand der Dinge.

Rechtzeitig drei Tage vor dem Schiedsgerichtsverfahren haben nun offenbar ein paar eifrig-brave Mitarbeiter der KVB, das Problem – entgegen aller Beratung, entgegen der klaren Vorgabe des Vorstandes, entgegen der Interessen von Patienten und Notärzten und entgegen der Funktionsfähigkeit des Systems – einfach mal so nach dem unumsetzbaren Buchstaben des Gesetzes mit der Brechstange des Entsetzens gelöst. Wir machen einfach genau was der Gesetzgeber sagt und wenn das System dabei an die Wand fährt schimpfen wir die Wand.

Das Tollste daran: weil es so schön ist werden nicht nur wie bisher vermutet alleine die Notarztaspiranten aus dem Zwang des Nachwuchsmangels bedrängt, ab sofort alle zwei Jahre 520€ Einstiegsprämie pro Standort zu berappen. Nein: Es werden im gleichen Aufwasch auch mal die Notärzte, die noch laufende Berechtigungen haben mit eingeseift. Fehlt nur noch das Kleingedruckte: Bitte haben Sie Verständnis, dass jeder Notarzt-Einsatz bis zur Überweisung der Teilnahmegebühr unser Eigentum bleibt.

Wir brauchen Patienten, die Geduld haben, bis der Zulassungsausschuss tagt und einen Notarzt schickt. Wir brauchen Notärzte, die retten ohne zu fragen wofür, denn Geld macht sowieso nur unglücklich. Wir brauchen Patienten, die gesund genug sind um jede neue Gesetzesvorschrift zu überstehen. Wir brauchen Notärzte, die durch nichts zu verunsichern sind, auch nicht durch die KVB. Ja so stählt uns der immer wieder einfällig innovative Gesetzgeber, die geizende Güte der Kassen und der abenteuernde KVB-Verwaltungsapparat für unsere potenziellen Heldentaten im Bannstrahl des Blaulichts.

Nun glaube ja ich gerne… will ich glauben, weil ich sonst verzweifle… dass diese – nennen wir es – Ungeschicklichkeit erfolgt ist, ohne dass der arme KVB-Vorstand, der sich jetzt ein weiteres Mal um Schadensbegrenzung bemühen darf, davon wusste. ABER die Nachfrage muss erlaubt sein: passiert so ein bayernweit verbriefter Blödsinn aus Unwissen, Dummheit oder Absicht? Versteht da ein Verwaltungsapparat nicht, was er anrichtet, gibt es da eine Sprach- oder Denkbarriere? Ist da jemand gut meinend aber im Abschluss etwas unglücklich, gerade so wie Greuther-Fürth? Oder will da jemand bewusst Sand ins Getriebe werfen, will da jemand bewusst der KVB schaden? Müssen uns sorgen, dass – wenn Ihr so weiter macht – der Vorstand der KVB demnächst gemeuchelt in der Elsenheimer Straße aufgefunden wird? Der Zeitpunkt für ein solches Desaster unmittelbar vor dem Schiedsgerichtstermin gibt Nahrung für wilde Spekulationen.

Nein, nein, das ist alles nur ein ganz großes Missverständnis. Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna? Die agbn hat eine tröstende Presseerklärung zum Thema verfasst. Mensch KVB, Du Speerspitze der Bayerischen Ärzte, du hast vor nix Angst, außer dass Dir der Himmel auf den Kopf fällt. Wenn Ihr so weiter macht schafft ihr das auch noch.

Totenstille

Am 15.4. ist die Verhandlung vor dem Schiedsgericht. Zugegebenermaßen ist ein Fiasko in Anbetracht des bisherigen Verlaufs nicht auszuschließen. Es ist aber sicher sehr unklug, vorher lautstark zu agieren, sonst heißt es am Ende noch, wir seien “selber schuld”.

Bis dahin sind wir neben unserem regen Interesse am Ausgang der Schiedsrichterei natürlich auch alle gespannt auf den Datenabgleich mit der ZAST (demnächst müssen ja Zahlen zur Konkordanz vorliegen, denn wir tragen ja fleißig die Patientennummer in emDoc ein). Dann wissen wir, ob das mit der ZAST so klappen kann, wie das Innenministerium es vergesetzlicht hat.

Wir sind zudem auch gespannt, wie die Politik ihre anderen gefällten bzw. unterbliebenen Entscheidungen zum BayRDG begründet und warum jetzt auch noch die Ausführungsverordnung – ohne uns auch nur einen Monat Zeit einzuräumen, darauf zu reagieren – durchgepeitscht werden soll.

Vielleicht werden wir im Verlauf erkennen dürfen, was wirklich hinter dem ganzen steckt? Wer will da eigentlich was erreichen? Vielleicht entpuppt sich die ganze Entwicklung als von uns völlig fehleingeschätzt. Vielleicht wird ja alles ganz ganz toll, die Notärzte erhalten Anerkennung, faire Entlohnung, ein kluges Zulassungsverfahren und unsere Patienten kriegen weiterhin Notarzt wenn sie Notarzt brauchen. Das Ergebnis des Schiedsgerichtsverfahrens wird einen ersten Einblick in die zu erwartende Entwicklung geben. Bitte straft uns ewig unkenden Kassandra-Rufer lügen – Bitte!

ALSO: Warten wir auf den 15.4. – wir sind es ja gewöhnt Brandwache zu spielen und dabei trotz lodernder Flammen stets zu hoffen, dass trotzdem alle heil rauskommen. Wenn nicht… werden wir aktiv.

am 20.3. …

…findet die 2. Lesung des BayRDG im Landtag statt (siehe: http://www1.bayern.landtag.de/lisp/anzeigen#TOP16173).

Interessant dabei ist die Hin-und-Zurück Metamorphose der ZAST-Zuständigkeit für die Abrechnung des Notarztdienstes. In Artikel 35 Abs. 4 Satz 1 hieß es im “alten” BayRDG:

“Die Benutzungsentgelte für die Mitwirkung von Ärzten in der Notfallrettung werden von der Zentralen Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst in Bayern zusammen mit den Benutzungsentgelten für die am Notarzteinsatz beteiligten Rettungsmittel gegenüber den Kostenpflichtigen geltend gemacht.”

Im Referentenentwurf zur Verbandsanhörung war dieser Satz 1 gestrichen. Damit wäre die KVB in der Lage gewesen – wie früher – direkt mit den Kassen abzurechnen. Im zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf ist der alte Artikel 35 Abs. 4 Satz 1 nach der Verbandsanhörung auf Wunsch von Kassen, Rettungsdienstorganistationen und ZAST selbst wieder drin.

Dass man sich im Innenministerium mit der Thematik nur aktuell nicht beschäftigen wollte ist nicht der Fall, denn eine Änderung in Artikel 35 wird dennoch erfolgen. Früher hieß es in Artikel 35 Abs. 4 Satz 3:

“Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns erstellt für jedes Wirtschaftsjahr einen Bericht über den Vollzug der Entgeltvereinbarung für die Mitwirkung von Ärzten in der Notfallrettung und übermittelt diesen den Sozialversicherungsträgern und der obersten Rettungsdienstbehörde.”

Dieser Satz wurde erweitert und heißt jetzt:

“Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns erstellt für jedes Wirtschaftsjahr einen Bericht über den Vollzug der Entgeltvereinbarung für die Mitwirkung von Ärzten in der Notfallrettung und übermittelt diesen den Sozialversicherungsträgern, der zentralen Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst und der obersten Rettungsdienstbehörde.”

Die KVB als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist also fortan auch der privatwirtschaftlichen ZAST GmbH berichtspflichtig über das was nicht klappt. Ein DeZASTer und nix anderes die typisch bayerische Spezlwirtschaft… auf dem Rücken der Notärzte und unserer Patienten.

21.01.2013: KVB-Sitzung mit Fachexperten Notarztdienst

 

Zeit: ca. 17.00 Uhr bis 21.30 Uhr. Anwesend: 3 KVB-Vorstände, KVB-Abteilungsvertreter, Regionalvertreter Notärzte, agbn-Vertreter, Bereitschaftsdienstausschussvertreter, Landesbeauftragter ÄLRD (bis Thema “Notarztvergütung”), ärztl. KVB-Vorstandsbeauftragter
Umstellung auf Ermächtigungen – gegenwärtiger Termin 01.07.2013
Die Fachexperten sehen unter den gegebenen Umständen keine für die Notärzte zumutbare Lösung bzgl. Kosten für (neue) Ermächtigungen. Die Gebührenordnung der Zulassungsausschüsse unterliegt Bundesrecht, kann daher regional nicht verändert werden. Zudem wäre mit dem neuen Verfahren nahezu keine Flexibilität bei z.B. Dienstausfällen an kleineren Standorten gegeben. Das Problem ist unter der aktuellen Gesetzeslage nach Ansicht der Fachexperten nicht nachhaltig lösbar.
Sachstand NADO
Die Fachexperten empfehlen, eine Neuversion zu veröffentlichen unter Ausschluss der mit Ermächtigung assoziierten Punkte.
Austausch mit dem Landesbeauftragten der ÄLRD in Bayern
Themen waren u.a. Rahmenvereinbarungen btr. Herzinfarktnetz und Ausrückzeiten im NAD. Der Landesbeauftragte wünscht email-Adresse der bayer. Notärzte von der KVB zur besseren Information der Notärzte durch ÄLRDs. Eine datenschutzkonforme Lösung wird erarbeitet (Sammel-e-mail-Adresse jeweils einer NA-Gruppe mit individueller Weiterleitung an Notärzte).
Notarztvergütung
– Schiedsstellenverfahren 2012
Von der KVB wurde es für Ende Februar erwartet; entgegen der Erwartung der KVB wurde es noch nicht angesetzt.
– Sachstand Benutzungsentgeltvereinbarung 2013
Benutzungsentgeltvereinbarungen für 2013 können laut KVB erst sinnvollerweise nach erfolgtem Schiedsstellenverfahren 2012 angesetzt werden. Die Situation ab 01.04.2013 wird von allen als sehr kritisch gesehen – die KVB bemüht sich (glaubhaft) intensiv weiter um eine tragfähige Zwischenlösung, die Fachexperten verweisen darauf, dass eine ähnliche Situation wie vor Weihnachten 2012 unbedingt vermieden werden muss.
– Neues Vergütungsmodell
Die Vergütung der Notärzte war in den letzten Jahren regelmäßig mit Realverlust verbunden. Die Fachexperten formulierten ein Berechnungsmodell, das vorgestellt wird. Nach Bearbeitung ist geplant, es in der Notärzteschaft als Diskussionsgrundlage zu verteilen. Die Fachexperten erwarten eine Verhandlung auf dann diskutabler Basis für das Jahr 2014. Eine frühere Umsetzung wird als unrealistisch angesehen.
QM im Notarztdienst
Die Ergebnisse des RTQN werden vorgestellt. Aktuell stehen zur Zeit letzte Abstimmungen mit dem Bayer. Landesbeauftragten für Datenschutz an.
Beschwerdemanagement
An die KVB gerichtete Beschwerden über Notärzte sollen fortan vor Weitergabe an die zuständigen Stellen (ÄLRD, ÄKV) zusammen mit der Expertenkommission vertraulich vorbesprochen werden.
Sonstiges
Probleme mit Abrechnungslauf und emdoc werden diskutiert, Abhilfe wird nach weiterer Ausarbeitung von KVB-Mitarbeitern zusammen mit Fachexperten

Brief an den Innenminister

Herr Kollege Büttner aus Sulzbach-Rosenberg hat am 13.2. einen Brief an den Innenminister des Freistaates Bayern, Herrn Minister Hermann geschickt, in dem er ihn bittet, sich mit der Honorarsituation der Notärzte zu befassen. Der Brief wurde zwar in der Anschrift mit dem Vermerk – persönlich – versehen, ist zwischenzeitlich aber in Notarztkreisen umfassend verteilt. Wir erlauben uns daher, hier zusammenfassend über den Inhalt zu berichten:

Herr Kollege Büttner führt aus, dass aus seiner Sicht von den Kassen geforderte Pflicht zum Datenabgleich zwischen KVB und ZAST einem “Honorierungsverbot” gleichkomme. Eine Interpretation des BayRDG im Sinne “nur wenn der Rettungsdienst einen Einsatz abrechnet, bekommt auch der Notarzt etwas” sei nicht nachvollziehbar. In Ergänzung problematisiert Herr Büttner detailliert die nur wenig erfolgversprechende Zusammenarbeit zwischen KVB und ZAST.

Abschließend werden dem Minister Fragen gestellt, die insbesondere das vermeintliche bzw. erwünschte Honorierungsverbot diskutieren und um Benennung des korerekten Rechnungsempfängers für notärztliche Leistungen bitten. Zusammenfassend fordert Herr Kollege Büttner den Minister auf, die Diskussion über den Datenabgleich KVB-ZAST zu beenden und geeignete Schritte zu ergreifen, die Abrechnungssituation im bayerischen Notarztdienst dauerhaft zu klären.

Der Brief bereitet die komplexe Materie – an einigen Stellen aus ungewöhnlicher Sicht – auf, ist klar und ausführlich begründet sowie moderat formuliert. Gespannt warten daher auch wir auf die Antwort des Ministers.