Unsere Empfehlung zum Vergütungsmodell

Vorschlag von agbn und Regionalvertretern zum Vergütungsmodell

Über das neue Vergütungsmodell für die Notärzte in Bayern wird verhandelt und verhandelt und noch immer wissen wir nicht, was KVB und Kassen bisher erreicht haben. Öffentliche Statements sind während laufender Verhandlungen nicht üblich, so heißt es. Das von uns vorgeschlagene Vergütungsmodell ist – so wurde uns von der KVB aber zugesichert – Basis der Verhandlungen von Seiten der KVB. Um die Verhandlungen nicht unnötig zu gefährden haben wir daher bisher darauf verzichtet, unsere Forderungen zusätzlich öffentlich zu machen. Aufgrund der langen Verhandlungsdauer befürchten wir nun aber, dass wir irgendwann mit einer weitgehend durchdiskutierten Entscheidung konfrontiert werden, die dann aber doch nicht dem entspricht, was wir vorgeschlagen haben.

Bei der öffentlichen Vorstellung des von agbn und Regionalvertretern erarbeiteten Abrechnungsmodells, beim vergangenen Jahreskongress der agbn in Rosenheim, waren nur wenige Kolleginnen und Kollegen anwesend. Deshalb haben wir uns entschlossen, dieses von uns vorgeschlagene Modell nun erneut öffentlich vorzustellen um zu zeigen, wie wir eine transparente, faire und leistungsgerechte Honorierung des Notarztdienstes realisiert sehen wollen:

  • Wir empfehlen an allen Standorten in Bayern die gleiche Abrechnungsmodalität einzuführen.
  • Die Vergütung besteht aus einer Basisvergütung pro Stunde Wartezeit und einer Einsatzpauschale.
  • Während eines Einsatzes wird keine Wartezeitpauschale erstattet, d.h. pro abgerechneten Einsatz entfällt (unabhängig von dessen Länge) die Wartezeitpauschale einer Stunde aus der jeweiligen Schicht.
  • Zuschläge werden für Nacht, Wochenend- und Feiertage gewährt.
Berechungsbeispiele* 
12h Schicht ohne Einsatz.Vergütung = 12 * [W]
12h Schicht mit einem EinsatzVergütung = 11 * [W] + 1* [E]
12h Schicht mit drei EinsätzenVergütung = 9 * [W] + 3 * [E]
12h Schicht mit 14 EinsätzenVergütung = 0 * [W] + 14 * [E]
* Wartezeitpauschale = [W], Einsatzvergütung = [E])

Das Vergütungsmodell zeichnet sich durch einen standortunabhängigen, bayernweit einheitlichen, fairen und transparenten Berechnungsalgorithmus aus. Es stellt sicher, dass an jedem Standort eine akzeptable Basisvergütung zur Verfügung steht, gleichzeitig aber eine leistungsorientierte Steigerung der Vergütung erfolgt. Es erlaubt die Anwendung auf alle Schicht- und Organisationsmodelle in Bayern. Es erlaubt auch bei kurzzeitigem Einspringen, wie z.B. bei Übernahme einer 4 stündigen Teilschicht, eine nachvollziehbare und faire Vergütung.

Das Vergütungsmodell macht bei Zugrundelegen eines geeignet hohen Ansatzes der Wartezeitpauschale auch kleine Standorte finanziell attraktiv. Durch den Abzug einer Stunde der Wartezeitpauschale pro Einsatz werden Einsatzvergütungen an einsatzstarken Standorten durch die zusätzliche Gewährung der Wartezeitpauschale während des Einsatzes (was ja bereits in der Formulierung widersinnig erscheint) nicht unangemessen überhöht. Es erlaubt so eine faire Bezahlung, auch wenn an einem sonst einsatzstarken Standort in einer Schicht ungewöhnlich wenige Einsätze anfallen, es überhöht die Bezahlung nicht unverhältnismäßig, auch wenn in einer Schicht an einem sonst einsatzarmen Standort unerwartet viele Einsätze anfallen.

Das Vergütungsmodell verzichtet (abseits der Einsatzvergütung selbst) auf eine Pauschalierung der Vergütung, wie von manchen angestrebt, da es jedem Leistungsprinzip widerspricht, wenn ein Notarzt nach 12 Stunden Schlaf gleich entlohnt wir, wie ein Notarzt nach 12 Stunden mit 10 Einsätzen. Zudem führt eine Pauschalierung der Vergütung – welcher Art auch immer – stets auch zu einer Verlagerung des Morbiditätsrisikos (Zunahme der Einsatzzahlen bei zunehmend älterer Bevölkerung) zu Lasten der Notärzte, was wir naturgemäß ablehnen.

Das Vergütungsmodell verzichtet auf die bisher übliche Staffelung der Wartezeitpauschale nach statistischer Einsatzhäufigkeit am jeweiligen Standort, da diese an Ausnahmetagen (wenig Einsätze an sonst einsatzstarken Standorten, viele Einsätze an sonst einsatzschwachen Standorten) zu eklatanten Ungerechtigkeiten führt. Die Staffelung der Wartezeitpauschale führt zudem an Standorten, die knapp über dem Cut-Off der Einsatzzahl liegen, die die jeweils nächste Pauschalenstufe triggert, zu einer systematischen, ungerechten Verringerung der Einkünfte. Bei Standorten die knapp unterhalb des Cut-Offs der Einsatzzahl liegen, die die jeweils nächste Pauschalenstufe triggert, erfolgt eine systematische, ungerechte Erhöhung der Einkünfte im Vergleich zu den Kollegen anderer Standorte. Solche Verzerrungen finden sich im vorgeschlagen Vergütungsmodell nicht.

Wir halten es nicht für sinnvoll, dieses Vergütungsmodell zu variieren. Diskutiert werden sollte aus unserer Sicht allenfalls die Höhe der jeweiligen Vergütungsvariablen. Eine Wartezeitpauschale in der Höhe zwischen 20 und 25€ (entsprechend einer Vergütung von etwa 250€ für 12 Stunden einsatzfreier Wartezeit) erscheint uns ebenso adäquat, wie eine pauschale Einsatzvergütung im Bereich zwischen 120 und 150€. Beide Beträge erscheinen uns, nicht zuletzt anhand der Kosten anderer Dienstleistungen, die rund um die Uhr vor Ort angeboten werden, angebracht.

Letzteres zeigt gleichzeitig einen der wichtigsten Vorteile des vorgeschlagenen Vergütungsmodells. Das Vergütungsmodell ist so einfach konstruiert, dass ein Vergleich der Notarzt-Vergütung mit der Entlohnung von Dienstleistungen anderer Berufsgruppen unschwierig erfolgen kann. Kommt das vorgeschlagene Vergütungsmodell zum Einsatz, so kann ohne Einschränkung öffentlich nachvollziehbar dargestellt werden, was eine Stunde Wartezeit und was ein Notarzteinsatz in Bayern die Kassen und damit die Bürger kostet bzw. was diese Dienstleistungen uns Wert sind.

Um Ihnen die modellhafte Berechnung beispielhafter Vergütungsszenarien und unterschiedlich hoher Vergütungsvariablen zu ermöglichen haben wir eine vereinfachte Berechnungstabelle generiert, die Sie hier elektronisch anfordern können. Klicken Sie dazu auf diesen Link, ergänzen Sie die entstandene Email mit Namen und Notarztstandort (dies ist erforderlich, um Missbrauch zu vermeiden, Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben) und senden diese an uns ab. Sie erhalten neben dem Link auf die Berechnungstabelle und der zugehörigen Anleitung auch die Möglichkeit uns mitzuteilen, welche Entgelthöhe Ihnen angebracht erscheint.

10 Gedanken zu „Unsere Empfehlung zum Vergütungsmodell

  1. Mir fehlt es in dieser Debatte erheblich an Sachlichkeit und vor allem an zielführenden Argumenten.
    1. Ich finde es nicht ok. die Abrechnungspraxis einzelner Weniger als Maßstab für alle notärztlich tätigen Kollegen zu machen – wie auch immer man diese Praxis bewertet. Ebeso könnte man das “nicht honorieren” von Einsätzen ohne Patientenkontakt (Brandabstellung, Suchalarmierung …) als Betrug auf Seiten der Kostenträger bewerten. Nur führt diese bisher gängige Nicht-vergütungs-Praxis eben nicht zu einer entsprechenden Reaktion mit Verschärfung der Abrechnungsregeln. (Z.B. Einführung eine Dummy-Ziffer der Leitstelle zur Abrechnung für Alarmierung ohne Patientenkontakt)
    2. Das große Problem des Notarztwesens liegt eben nicht in den gezählten Einzelfällen von > 3 Mehrfachabrechnungen. Es liegt auch nicht in der Besetzung von Standorten mit 5-10 Einsätzen pro Schicht in Großstadtnähe.
    Die Strukturschwachen ländlichen Gebiete sind das Problem. Und bei minimal frquentierten Standorten liegt auch jetzt schon die Bereitschaftspauschale bei bis zu 14,50 € tags und 18,50 € nachts. Wenn also ein finanzieller Anreiz zur Besetzung dieser Standorte geschaffen werden soll, dann muss folglich der teuerte Posten – die Bereitschaftspauschale – deutlich nach oben korrigiert werden. Bei dem bisher vorgestellten Modell ändert sich für “kleine” Standorte relativ wenig – an “großen” Standorten wird das Fahren durch die Vervierfachung der Bereitschaftspauschale (4,50 € auf zB. 20 €) noch lukrativer ! Das leuchtet mir nicht ein.
    3. Ohne eine spürbare finanzielle Aufwertung des Notarztbudgets wird das Notarztwesen auf Dauer nicht überleben – davon bin ich überzeugt – und lassen wir endlich diesen pathetischen “wir machen alles aus Idealismus” Quatsch. Die Motivation der Aktiven sinkt immer mehr und der Nachwuchs bröckelt spürbar – und da helfen keine dünnen Durchhalteparolen.

    Danke !

    • ad3: Das Modell verteilt das Geld bayernweit gleich fair oder unfair. Es kommt halt darauf an, was man wofür bezahlt. In der Tat muss an allen Standorten eine “Grundsicherung” des Erlöses durch die Pauschale festgelegt werden, damit die Besetzung attraktiv ist. Es kann aber andererseits nicht sein, dass der Leistungsbezug wegfällt. Daraus resultiert bei geeigneter Erhöhung der Wartezeitpauschale, dass die Einsatzpauschale kleiner wird (eine Anhebung der von den Kassen zur Verfügung gestellten Gesamtsumme für den Notarztdienst um mehr als eine Prozentzahl im Bereich der Tarifabschlüsse ist nicht realistisch). Damit werden die Dienste an den wenigen (6) Großstandorten definitiv nicht lukrativer. Ich empfehle, die hier bereitgestellte Berechnungstabelle unter Berücksichtigung realistischer Gesamtsummen zu nutzen und dann die Modelle gegenzurechnen. UND: ich empfehle die Bezahlung in (allen) anderen Bundesländern mit der in Bayern zu vergleichen. Wir haben viel zu verlieren.

      • Eine adäquate Basisvergütung pro 12-Stundenschicht liegt nach Abschätzung aus mir zur Verfügung stehenden Daten bei ca. 350€. Damit bliebe aber (vielleicht ausser einer kleinen wiedereingeführten Dokumentationspauschale) kaum Spielraum die Variablen: Einsatzhäufigkeit, Einsatzzeitraum (Tag / Nacht / Wochenende) und Einsatzdauer abzubilden, solange keine wesentliche Veränderung der Gesamtsumme für den Notarztdienst erfolgt.

        Meine entsprechenden detaillierten Betrachtungen finden Sie hier verlinkt.

  2. Es ist etwas irritierend, daß wesentliche Details (wie hier “max. 3 Pat / Einsatz werden vergütet) des Modells nicht beschrieben wurden. Es wäre wichtig, hier alle Details zu veröffentlichen um eine gute Kommentierungsbasis zu haben.

    Inhaltlich finde ich es schwierig, wenn nun doch nicht (wie im Text beschrieben) eine Einsatzpauschale sondern eine Patientenpauschale (mit Patientenbegrenzung pro Einsatz) geplant ist.

    Eine reine Einsatzpauschale hat den Vorteil, daß diese auch bei bisher nicht vergüteten Einsätzen ohne abrechenbaren Patienten (z.B. Brandwache etc.) fällig werden würde.

    Das “alle-Türen-Problem” sehe ich relativ. Auch die derzeitige Pauschale ist ja über deutlich unterschiedliche Aufwände gemittelt (z.B. kurze Untersuchung beim initial kollaptischen und jetzt wieder stabilen Patient / aufwändige Versorgung eines Polytraumas). Da können dann auch unterschiedliche Patientenzahlen mit einberechnet werden. Vorteil wäre auch die sehr vereinfachte Dokumentation: es reicht da ja (für den wohl unverzichtbaren ZAST-Abgleich…) Einsatznummer und Einsatzdatum.

    Die genannte Begrenzung der abrechenbaren Patientenanzahl pro Einsatz ist problematisch, da dies ein (nach meiner Ansicht) unzulässiges Honorierungsverbot qualifizierter ärztlicher Leistungen wäre.

    Wenn ich als Erst-NA zu einem Großschadensfall komme besteht meine erste Leistung in der Erstdiagnostik und Entscheidung über die Veranlassung der Ersttherapie, ggf. auch die Reihenfolge der Behandlung. Ich bin für alle Patienten (dies können auch schnell mal mehr als 10 sein) verpflichtet, meine Leistungen, Entscheidungen und Maßnahmen zu dokumentieren. Jetzt soll mir aber eine Abrechnung dieser Leistungen verboten werden?

    Ich finde es extrem schwierig, wenn hier der Begriff “Betrug” in die Diskussion eingeführt wird: es ist den benannten Kollegen nicht anzurechnen, wenn es bisher keine Differenzierung der Pauschale gibt und mit der Abrechnung einer nur wenige Minuten umfassenden qualifizierten Leistung schon die volle (bisher auf bis zu 75 Minuten Einsatzdauer ausgelegten) Pauschale ausgelöst wird.

    Falls an der Patientenpauschale festgehalten werden sollte, könnte für diese Fälle eine zusätzliche (geringer vergütete) Pauschale für die Leistung der Erstdiagnostik und Therapieentscheidung eingeführt werden.

    • Weiter gedacht müsste dann nicht nur eine Pauschale für die Sichtung, sondern auch eine geminderte Pauschale für den nachbetreuenden bzw. übernehmenden Notarzt und eine Pauschale für sonstwas eingeführt werden. Wenn wir das weiterspinnen kommen die Kassen konsequneterweise und zu Recht auf die Idee, die Gesamt-Pauschale zwischen Erstsichtenden und Behandelnden Notarzt anhand der dokumentierten Tätigkeiten zu splitten, frei nach dem Motto: sollen die sich einig werden, wer welche Teil-Leistung des Notarzteinsatzes erbracht hat. Da werden wir dann Kollegialität live erleben dürfen.
      Wir brauchen ein einfaches und transparentes, leistungsabbildendes und trotz der Einfachheit so fair wie möglich verteilendes Modell. Alles Andere spielt nur denen den Ball zu, die Notärzte per Stundenlohn anstellen wollen. Die anderen Bundesländer machen es ja schon lange so und zugegeben: es funktioniert und ist billiger.
      Zum Thema Betrug: wenn ein Notarzt nach einem Unfall, bei dem zwei Kinder einer Klassenfahrt während eines Rastplatz-Aufenthalte zu Tode kommen, im Anschluss an die Todesfeststellungen noch die gesamte Reisegruppe wegen des schweren seelischen Schocks “behandelt” und zur Einzelabrechnung bringt, so ist das für mich Betrug und sonst nix. Wenn mein Mechaniker, nachdem er lediglich einen längeren Blick auf mein Fahrzeug geworfen hat eine Rechnung stellt, zahle ich die auch nicht und ziehe die Konsequenz.

      • Im angeführten Beispiel (Busunfall mit Toten) ist das Vorgehen des Kollegen kein Betrug sondern zwingend notwendig!

        Da es in mein Fachgebiet fällt (FA für Psychosomatik und Psychotherapie / Traumatherapeut im BG-Verfahren) erlaube ich mir einige weitere Anmerkungen.

        Leider wird die Behandlungsbedürftigkeit des “schweren seelischen Schocks” (ICD 10 F43.0 akute Belastungsreaktion) per se aber auch aufgrund des potentiell möglichen Übergangs in eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, F43.1) immer noch unterschätzt. Eine Behandlung setzt auch immer einen (möglichst gut) dokumentierten Erstbefund als Behandlungsbegründung voraus.

        Hier geht es zudem um eine Veranstaltung, bei der wohl alle Businsassen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung standen. Es scheint oft unbekannt, daß auch seelische Traumatisierungen als unfallbedingte Erkrankungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind und zu Lasten dieser Versicherungen behandelt werden.

        Leider erlebe ich sehr häufig, daß Menschen die mit einer (oft schon chronifizierten) PTBS im BG-Verfahren in meine Behandlung kommen, von Gutachtern die PTBS aufgrund einer nicht dokumentierten Erstreaktion nicht als Diagnose zuerkannt wird. Dies hat teilweise weitreichende negative sozialrechtliche Konsequenzen.

        Ich hoffe es wird dadurch verständlich, daß im genannten Beispiel zumindest von allen über die gesetzliche Unfallversicherung versicherten Beteiligten zumindest ein (psychischer) Erstbefund zu erheben war. Ein solcher Befund muß hier auch nicht zu umfassend psychiatrisch formuliert sein, zur Not reicht auch schon ein Ankreuzen eines Feldes auf dem DIVI-Protokoll.

        Hätte der Kollege diese für die gesetzliche Unfallversicherung essentielle Befunderhebung und Dokumentation nicht durchgeführt, wäre dies sicher als Fehlleistung zu qualifzieren gewesen.

        Und weiter: So lange wir nicht Einsatz- sondern Patientenbezogen vergütet werden, ist für jeden Patienten die (pauschalierte) Vergütung fällig. Wenn diese Pauschale bei (sicher wenigen) Einzelfällen zu Ausreissern in der Abrechnung führt ist zu diskutieren, ob man diese wieder in Richtung Einzelleistungsvergütung splittet, oder ob man diesen Aufwand unterläßt.

        • Ich bleibe dabei, dass ein Notarzt in 20 Minuten Einsatzzeit vor Ort (wie hier) niemals eine große Anzahl (hier 35) Patienten “behandeln” kann. Alleine die Leichenschau und -Dokumentation kosten zumindest mich bei 2 Opfern schon fast die ganze Einsatzzeit. Mag sein, dass ich von der psychotherapeutischen Materie wenig Ahnung habe, ich selbst kann aber nicht einmal einen “gut dokumentierten” somatischen Erstbefund in der verfügbaren Zeit bei der gegebenen Patientenzahl erheben, geschweige denn dokumentieren. Ein einfühlbares Gespräch schaffe ich erst recht nicht in 20min / 35Pat = 34 Sekunden.
          Daher endet hier meine sonst kaum erschütterliche Bereitschaft, mich schützend vor Kollegen zu stellen, selbst wenn diese klar fehlerhaft gehandelt haben. Wer ernsthaft behauptet auch nur 10 Patienten in 20 Minuten notärztlich adäquat “behandeln” zu können ist entweder ein Wunderdoktor, ein Herrscher über die Zeit oder eben ein aus meiner Sicht dem Betrug sehr nahestehender Kollege, der seinen Patienten und uns Notärzten keinen guten Dienst leistet.

  3. Sehr geehrter Kollege Büttner,

    ich nehme doch mal stark an, dass die Einsatzpauschale nicht pro Alarmierung, sondern pro behandeltem Patienten vergütet wird – so wie bisher auch. Kein Handwerker repariert für die Gebühr einer Türe alle Türen des Hauses weil er ja sowieso da ist. Wir tragen für jeden behandelten Patienten die Verantwortung und haben dafür auch entlohnt zu werden !

    • Natürlich wird pro Patient bezahlt ABER es werden nicht mehr als drei Patienten pro Einsatz bezahlt. Bei der Analyse der Einsätze des letzten Jahres gab es Kollegen, die tatsächlich über 10 (über zehn!) Patienten in einem jeweils weniger als 90 Minuten dauernden Einsatz behandelt haben. Solche Auswüchse sind indiskutabel und überschreiten die Grenze zum Betrug. Wenn wirklich mehr als drei NOTÄRZTLICH zu BEHANDELNDE Patienten vorhanden sind müssen entweder weitere Kollegen hinzugezogen werden oder die Patienten werden nach Sichtung ins nächste Krankenhaus verbracht um dort BEHANDELT zu werden.

  4. Das Modell finde ich bemerkenswert, da es doch deutliche Veränderungen zum derzeitigen “Ist” bringen kann:

    1) einsatzdauer- und patientenzahlunabhängige Einsatzpauschale

    Bisher werden die Einsätze ja (etwas degressiv) nach Zeitdauer und pro Patient bezahlt. Im Modell scheint nun eine Pauschale pro Einsatz hinterlegt, unabhängig von der Einsatzdauer und von der Patientenanzahl. Damit würden Diskussionen über angebliches “Zeit schinden” oder “Patienten generieren” (z.B. bei Busunfällen) der Vergangenheit angehören.

    2) Nachtzeit und Zuschläge

    Die Nachtzeit, die (2005?) auf 9 Stunden reduziert wurde, ist wieder mit 12 Stunden hinterlegt. Bisher nicht vorgesehene Zuschläge für Wochenenden / Feiertage sollen eingeführt werden. Beides sind grundsätzlich positive Momente.

    Letztlich kommt es ja auf die Gesamtsumme der Forderung an, hier sollte eine deutliche Steigerung der Vergütung erreicht werden. Ich wurde schon darauf hingewiesen, daß meine Überlegungen zum Honorar von Februar 2013

    http://bayerische-notaerzte.de/wp-content/uploads/2013/02/B%C3%BCttner-NA-Honorar-Neu-17-2-13.pdf
    (bitte ggf. durch kürzeren link ersetzen / danke)

    fast zu einer Verdoppelung der bisherigen Kosten für den Notarztdienst in Bayern führen würden und damit utopisch seien. Ich bleibe jedoch dabei, daß ich diese Summen für angemessen halte, auch wenn ich realistisch genug bin, daß eine aus meiner Sicht adäquate Vergütung für notärztliche Leistungen in Bayern in absehbarer Zeit nicht durchsetzbar sein wird. Wir sind halt keine Piloten und bringen daher mindestens vergleichbare hochqualifizierte Leistungen für die Gesellschaft mit unserem Idealismus weiter (relativ zu meinen Überlegungen) quasi zum Schnäppchenpreis…

    Wann soll das Modell in Kraft treten? Nach meiner Erinnerung war eine Veränderung doch schon für 2014 gedacht?

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