Blick über den bayerischen Globus hinaus

vom Kollegen TomTom:

Zu den leidigen Themen Vergütung und Ermächtigung habe ich beim Blick über die Grenze unseres Bundeslandes interessante, bereits etablierte und gut funktionierende Konzepte entdeckt.

In SACHSEN und SACHSEN-ANHALT hatten die gleichen Probleme bei der Besetzung einsatzarmer NA-Standorte bestanden.

In SACHSEN-ANHALT ist – wie in Bayern – laut Rettungsdienstgesetz die Kassenärztliche Vereinigung (KV) für die Bereitstellung der Notärzte zuständig. Dort zahlt die KV pauschal nach Stunden: 700 Euro pro 24 Std. (Standorte mit weniger als 5 Einsätzen pro 24 Std.)  bzw. 825 Euro pro 24 Std. (Standorte mit 5 und mehr Einsätzen pro 24 Std.). Eine Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss ist hier nicht notwendig. Bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen (Approbation plus Zusatzbezeichnung Notfallmedizin oder Fachkunde Rettungsdienst) wird lediglich ein Honorarvertrag zwischen dem Notarzt und der KV geschlossen. Es fallen naturgemäß keinerlei Gebühren an.

In SACHSEN ist ein Zusammenschluss der Kostenträger (Arbeitsgemeinschaft Sächsischer Krankenkassen und Verbände der Krankenkassen für die Notärztliche Versorgung – ARGE NÄV) für die Organisation/Finanzierung des Notarztdienstes zuständig. Diese ARGE hat mit der AGSN (Arbeitsgemeinschaft sächsischer Notärzte) eine neue Vergütungsvereinbarung getroffen. Es gibt eine akzeptable Grundpausche von 20/30 Euro (Tag/Nacht) pro Stunde plus 30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Einsatz. Das entspräche für einen Standort mit durchschnittlichem Aufkommen von ca. 3 Einsätzen pro 24 Std. einem Honorar von 690 Euro für 24 Std., bei garantierter Grundvergütung von 600 Euro. Auch hier wird ein Honorarvertrag (“Einzelvereinbarung”) geschlossen. Abgerechnet wird in Sachsen über die Abrechnungsstelle der KV.

Ansonsten zahlen die Kommunen bzw. regionalen Träger des Rettungsdienstes im Rest der Republik derzeit nach meinen eigenen Erfahrungen zwischen 32 und 45 Euro pro Stunde Pauschalhonorar – und das in gerne als “strukturschwach” bezeichneten Flächenstaaten wie Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Es werden Honorarverträge geschlossen. Eine Privatliquidation ist (außer bei der Leichenschau) dort allerdings nicht möglich.

Der Blick über die Landesgrenzen würde sich für die Verantwortlichen also lohnen. Und es soll mir bitte keiner sagen, dass die KVen in Sachsen-Anhalt und Sachsen oder die regionalen Träger des Rettungsdienstes im Rest der Republik mit finanziellen Mitteln besser ausgestattet sind als die Bayern/KVB

 

4 Gedanken zu „Blick über den bayerischen Globus hinaus

  1. So ganz problemlos scheint es aber auch in den genannten Bundesländern nicht zu funktionieren, siehe den Beitrag in Plusminus vom 5.6.: http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/432744_plusminus/15068918_notarzt-mangel-situation-wird-immer-bedrohlicher

    Interessant ist, dass der Grundtenor des Beitrags schwankt zwischen “Kein Wunder, dass die Notärzte bei dem Heckmeck um ihre Bezahlung keine Lust mehr haben” und “Skandal! Die bösen (Honorar-)Notärzte zocken die Kostenträger ab”. Das ist m.E. typisch für die mediale Darstellung des Themas und macht mich skeptisch, ob wir mit einer medialen Kampagne wirklich etwas erreichen können.

  2. wenn in Sachsen-Anhalt bisher die Zulassungsverordnung nicht beachtet wird kann das auch daran liegen, daß bisher noch kein abgelehnter Arzt auf einen Vertrag geklagt hat…

    Ich würde daher daraus zum Formalen für Bayern nichts ableiten wollen. Ich sehe da weiter auch Ba-Wü als mögliches Vorbild. Ich empfehlt die Lektüre des § 10 des dortigen Rettungsdienstgesetzes. (über Internetsuche leicht zu finden, link hier zu lang).

    • Ich denke, das Prozedere in Sachsen-Anhalt ist formaljuristisch deshalb sauber, weil dort der Notarztdienst nicht expliziter Teil der “vertragsärztlichen Versorgung” ist, sondern die KV im Rettungsdienstgesetz lediglich verpflichtet wird, für die Besetzung mit ärztlichem Personal zu sorgen.
      Im Gegensatz zu Bayern: Art. 14, Notarztdienst, (1): “Soweit Notfallpatienten nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V Anspruch auf ärztliche Behandlung haben, ist diese – mit Ausnahme der Behandlung durch im Luftrettungsdienst mitwirkende Ärzte – Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns sicherzustellen.”
      Deshalb brauchen wir die “Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung” und unterliegen damit voll dem “Kassenarzt-Recht”. Schlösse man den Notarztdienst von Vorneherein davon aus und behandelt ihn als eigene Aufgabe, dann stellte sich das Problem erst gar nicht. Es läge also am Gesetzgeber, diesen Passus aus dem Rettungsdienstgesetz zu streichen. Dann hätte auch die KVB mehr Handlungsspielraum. Es ließe sich also leicht machen.

  3. Das sind übersichtliche und interessante Tabellen. Und auch auf der Seite der Kostenträger steht am Anfang des Jahres fest, wie viel der gesamte Notarztdienst im laufenden Jahr kosten wird.
    Nebenbei gibt es sicherlich Kollegen, die unter diesen Umständen sogar gerne ins Outback pilgern würden. Aber vielleicht ist es in Bayern dafür billiger – wenn man die nicht abgleichbaren Einsätze bedenkt.

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