Bayern nicht mehr oben ohne?

Spitzengespräche geben ja nicht immer Anlass zur Freude, zumal dort ja in der Regel bis nach Mitternacht bei Wasser und Brot getagt wird, dann spricht man irgendjemandem, der daraufhin sofort entlassen wird das Vertrauen aus und abschließend lallen verschwitzte Promis von kleinen, gemeinen Nennern.

Heute soll es ganz anders gewesen sein. “Einigung zum Notarztdienst in Bayern” heißt es. Bayerns oberste Notarzteinflussgrößen haben getagt und verbreiten die Stimmung, den eierlegenden Wollmilchlöwen geboren zu haben. Gibt die Presseerklärung von Ministerien, Kassen und KVB Anlass zur Hoffnung für den Bayerischen Notarztdienst? Gemach Gemach: wer nichts erwartet hat, freut sich über manches leicht zu früh. Wir lesen die Presseerklärung zwar mit einer nicht zu verhehlenden (ich bin versucht zu schreiben “klammheimlichen”) Freude, scheint man doch zumindest erkannt zu haben, dass Bewegung – wie wir Ärzte ja stetig predigen – jedem gut tut. Wir aber bleiben schon alleine aus beruflicher Erfahrung heraus kritisch. Selbst ein erfolgreich reanimierter Patient stirbt manchmal noch auf dem Transport und in diesem Reanimationsprotokoll steht noch nicht zu lesen WIE der Patient überlebt haben soll.

Sollte es also möglich sein, dass die Obersten ihren Job heute gut gemacht haben und statt “oben ohne” alle miteinander – im Team? – mit Engagement, mit Wohlwollen und Hirn, d.h. “oben mit” getagt haben?

Wir wollen nicht gleich schon wieder unken und uns statt dessen gerne über jeden kleinen Fortschritt mit freuen, aber was heißt “Wir haben… nach Wegen gesucht, um die aktuellen Probleme im Bereich des Notarztdienstes zu lösen. Die Lösungen werden wir… in den nächsten Tagen vorstellen”. Das klingt sehr nach Juristendeutsch: Wir können uns vorstellen, dass es gelänge, wenn alles so käme, wie wir es nicht tun aber dem jeweils anderen abfordern werden um dabei selber unbefleckt und ungerupft bleiben. Ja nicht zu viel schreiben, damit jeder jederzeit noch jeden Rückzieher machen kann.

Eine Zulassungsverbesserungsinaussichtstellung begrüßen wir eigentlich herzlich, aber de facto steht da nur, dass die Übergangsregelung bis nach der Wahl verlängert wird und dass sich die “Staatsregierung für Rechtsänderungen einsetzen” wird. Dürfen wir nun lediglich erst ab März 2014 für unsere Einsatzbereitschaft zahlen, wenn die dann neue Regierung wieder Luft und Laune hat?

Aber bleiben wir erst mal bei der Überschrift der Presseerklärung: “Einigung zum Notarztdienst in Bayern“. Wir wollen hoffen, dass man sich in der Ausführung des subeuphorischen Papiers vor allem auch MIT den Notärzten einigt. Wir wollen dem freundlichen Tenor der Nachricht zwar vorerst mal glauben schenken, denn man darf nicht jedes Pflänzchen vernichten, bevor es seine Blüte zeigen durfte… doch die Qualitätskontrolle behalten wir uns noch vor, bevor wir auf dieser Seite ein Votivtäfelchen für die Organisationsgrößen stiften. Tenor ist gut, Bariton, Bass und Sopran sind aber das Salz in der Suppe und die Träger des Chors. Wir sind der Chor und unsere Patienten sind das Publikum und für die singen wir.

Blaulicht bleib wachsam! Jedes Qualitätsmanagement erwartet, dass man selbst mit einem (scheinbar) abgeschlossenen Prozess nie zufrieden sein darf. Nach der Problemlösung ist vor der Problemlösung. Plan-Do-Check-Act heißt es. Jetzt ist Check angesagt und dann kommt Act. Das kennen wir, das können wir. Daran werden wir in gewohnter Weise arbeiten – und zwar – weil wir uns gerade schon so gut aneinander gewöhnt haben – dauerhaft, gell!

Zusammenfassend gilt: Wir danken allen und unterstützen alle, die ernsthaft an einer Lösung der Notarzt-Misere arbeiten und bitten Sie, uns diese Lösung – so es sie gibt – so rasch wie möglich zur Kenntnis zu bringen. Wir sind sind Notfälle gewöhnt und hauptberufliche Zweckoptimisten, Aufgeben ist nicht unser Ding.

PS: Da uns am Tag der Veröffentlichung offenbar fälschlicherweise eine Vorab-Version der Presseerklärung erreichte, haben wir jetzt (31.5. 15Uhr) die endgültige Version eingestellt. In dieser Version fehlen erfreulicherweise zwei wirklich ungeschickte Formulierungen, inhaltlich steht aber nichts neues drin. In diesem Kommentar wurden daher zwar die nun nicht mehr gültigen Zitate entfernt,  inhaltlich bleibt aber auch hier alles beim “Alten”.

8 Gedanken zu „Bayern nicht mehr oben ohne?

  1. Auch Renate Hartwig unterstützt uns, sie hat mir erlaubt, Ihre Nachricht zu veröffentlichen:

    Sehr geehrte Damen und Herren Notärzte,

    seit langem beobachte Ihre Diskussionen, wie sehr Sie zu all der Verantwortlichkeit bei den Einsätzen,
    täglich mit neuen Bürokratiehürden belastet werden! Genauso sehe ich die immer höher aufgebauten Hürden,
    um eine – für Notarzt und Patient – befriedigende Lösung zu erreichen.

    Aus meinen Erfahrungen möchte ich Ihnen einfach klar sagen: Ohne die breite Öffentlichkeit als Ruderer für die Sache ins Boot zu holen,
    ist dieser laufende Wahnsinn schlicht nicht zu stoppen!

    Da ich zu den Pragmatikern gehöre, habe ich nun einen Vorstoß gewagt und als Arbeitstitel das Thema „Notarzt in Not“ in unsere 698
    regionalen und bundesweiten Bürgertreffs für das Junitreffen kommende Woche als Hauptthema gewählt!

    Weiter ist seit 26.Mai ein Artikel von mir „Kampf der Notärzte – Es geht ums nackte Überleben“ online auf unserer Seite http://www.patient-informiert-sich.de!

    Anbei für Sie als PDF Datei zum ausdrucken und weiter geben.

    Natürlich habe ich mir Gedanken über einzelne Vorkommnisse gemacht und daher die Kanzlei unserer Bürgerbewegung befragt.
    Diese Kanzlei hat sich auf KV und Kassen Willkür spezialisiert und hat schon so manchen Arzt von den Klauen
    der Regressmühlen befreit! Auf Patientenseite hat er im Kampf mit Kassenwillkür gutes Stehvermögen bewiesen und den Kassen,
    sowie dem MDK, die Schranken ihrer Machtspiele aufgezeigt!

    So kam auf Rückfrage von mir, von Anwaltsseite die Frage auf, weshalb Ihnen diese, in einigen Mails angesprochenen 6%, überhaupt abgezogen werden?
    Wofür, vor allem mit welcher rechtlichen Grundlage und innerhalb welcher Frist. Übrigens, laut unseren Anwälten ist der Betrag
    in Höhe von 100,00 € nicht fällig für den Widerspruch, sondern für die Bearbeitung und die (negative) Entscheidung darüber,
    bei positiver Entscheidung fallen keine Kosten an. Sollte man im Klageverfahren gewinnen, müssten nach Ansicht unserer Anwälte
    auch diese Kosten wieder erstattet werden.

    Zum Thema Demo: Nach meinen Erfahrungen nutzt eine Demo nur bedingt! Da draußen, über dem weißen Tellerrand, kann nur Verständnis geweckt werden,
    wenn die Problemlage nachvollziehbar wird! Deshalb werde ich auch ab sofort in meinen Vorträgen und Lesungen genau diesen „Kampf der Notärzte –
    Es geht ums nackte Überleben“ thematisieren!

    Gegen meine sonstigen Veröffentlichungen, bin ich nun in meinem Artikel zum Thema „Notarzt“ auch auf meine eigene Erfahrung eingegangen!

    Die auf meinen Aufruf „ Einmischen ist Bürgerpflicht“ seit vorgestern bei mir eintreffende Resonanz, zeigt ganz deutlich – Weckruf beim Riesen Patient
    ist angekommen! Jeder der selbst, oder in seinem Umfeld die Wichtigkeit von Notärzten erlebt hat, ist ein potenzieller Mitstreiter /Mitstreiterin!
    Und derer bedarf es viele, um diesen weiteren Wust an Ungeheuerlichkeiten in diesem Gesundheitssystem, zu durchbrechen!

    Mit freundlichen Grüßen

    Renate Hartwig
    Bürgerschulterschluss e.V

    http://bayerische-notaerzte.de/wp-content/uploads/2013/05/Kampf-der-Notärzte-Es-geht-ums-nackte-Überleben-_2_.pdf

  2. Ich sehe das genauso. Erstmal die Bevölkerung und die Notärzte ruhig stellen, hat vor Weihnachten auch geklappt. Und dann perspektivisch prüfen wie man mit einer (in der Erklärung nicht definierten) symptomatischen Therapie dem kranken System Linderung verschafft. Das bedeutendste Druckmittel – die drohende Nichtbesetzung an springerabhängigen Standorten – ist jedenfalls vom Tisch. Natürlich stirbt die Hoffnung zuletzt und man darf auf eine Erläuterung in den nächsten Tagen hoffen. Aber wie schon von den Kollegen geschrieben, kommt einem der Ton schon bekannt vor.

  3. Erst mal offenlegen was das heissen soll – dererlei kryptische Aussagen können alles und nichts bedeuten.
    Und die dinge auf 2014 vertagen ist ja ne prima Idee, da bleibt nur weisser Rauch.

    Check!!!

  4. hallo,
    für mich klingt das nur nach Aufschieben des Problemes bis nach der Wahl.

    Kommt dann nächstes Jahr der Ermächtigungszwang?

    Und was ist mit unserem Honorar? Den 6% Pauschalabzug? Den “ZAST” Fällen?

  5. Diese Erklärung kommt uns doch irgendwie bekannt vor. Haben wir nicht dieselben hohlen Phrasen schon mehrfach gehört, als die letzten Male der weiße Rauch über diversen Spitzenrunden aufstieg?

    Für mich sind das nur wieder Ruhigstellungsmaßnahmen, damit bis nach der Landtagswahl keiner aufmuckt.

    • Ist doch schön, wenn man weißen Rauch aufsteigen lässt. Nix Habemus papam, habemus mus – wir haben ein Mäuschen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir noch VOR den Wahlen eine akzeptable Lösung bekommen, da erfahrungsgemäß von weißem Rauch nach Wahlen nur heiße Luft übrig bleibt.

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